Impressionen der digitalen Schleiftagung 2022

Pressemitteilung

Aachen, 01.02.2022

Die Schleiftagung 2022 lieferte innovative Impulse für eine „effiziente und nachhaltige“ Zukunft der Schleiftechnik

„Was wir an Volumen verloren haben, können wir an Qualität zurückholen!“, resümiert Tagungsleiter Dr. Dirk Friedrich während der Podiumsdiskussion mit dem Fachbeirat auf der 19. Schleiftagung am 26. und 27. Januar 2022. Coronabedingt nicht am traditionellen Veranstaltungsort in Stuttgart-Fellbach, sondern im digitalen Format durchgeführt, bot die Veranstaltung 16 hochkarätige Fach-, Exkurs- und Keynotevorträge zu einem breiten Themenspektrum. Im Fokus standen die Herausforderungen und Chancen, denen die schleiftechnische Branche durch die vielfältigen Transformationen, getrieben durch Elektrifizierung in der Mobilität, die Ressourcenverknappung und den Klimawandel entgegensieht. Ziel der Veranstalter war es, eine Bühne für die fachliche Diskussion der gestiegenen Anforderungen an Effizienz und Nachhaltigkeit schleiftechnischer Prozesse zu bieten.

Erstmalig wurde das jährliche Event durch das WERKZEUGMASCHINENLABOR WZL DER RWTH AACHEN UNIVERSITY gemeinsam mit dem etablierten Fachbeirat der Schleiftagung ausgerichtet. In Vorträgen, einer Postersession, Industriepitches und einer Podiumsdiskussion wurden die fünf Bereiche effiziente Prozessauslegung, Nachhaltigkeit, moderne Maschinentechnik, innovative Schleifwerkzeuge und optimierte Kühlschmierstoffversorgung adressiert. Zu jedem Themengebiet wurden aktuelle und praxisnahe Ansätze aus Industrie und Forschung verständlich präsentiert. Über 100 Teilnehmende aus der schleif-technischen Community sammelten praktisch umsetzbare Impulse und diskutierten mit den Referierenden.

Fachvorträge vermittelten wissenschaftlich fundierte und industriell verwertbare Handlungsempfehlungen

Christoph Plüss (UNITED GRINDING GROUP UGG) trug zur fortschreitenden Digitalisierung der Maschinentechnik vor, dass über die Erfüllung einer technologischen Bearbeitungsaufgabe hinaus die Interaktion zwischen Maschine und Bedienenden im Fokus zukünftiger Maschinenentwicklungen stehen wird. Hannah Helmke (RIGHT. BASED ON SCIENCE GMBH) stellte vor, wie Unternehmen ihre Zukunftsfähigkeit mithilfe des XDC-Modells und neuen Klima-KPIs bestimmen und steuern können.

Hannah Helmke (RIGHT. BASED ON SCIENCE GMBH) und Dr. Dirk Friedrich beim Vortrag „Was kommt nach dem Carbon Footprint? – Innovative Klima-KPIs für Finanzierung und Strategie“

Prof. Eckart Uhlmann (INSTITUT FÜR WERKZEUGMASCHINEN UND FABRIKBETRIEB IWF DER TU BERLIN) verglich in seinem Vortrag verschiedene Verfahren zur Bearbeitung von Verzahnungen. Dabei stellte er heraus, welchen Einfluss diese Verfahren jeweils auf Qualität, Produktivität, Nachhaltigkeit, Fertigungskosten und Flexibilität der gesamten Fertigungsprozesskette nehmen. Prof. Dirk Biermann (INSTITUT FÜR SPANENDE FERTIGUNG ISF DER TU DORTMUND) adressierte in seinem Vortrag Möglichkeiten zur wirtschaftlichen und ökologischen Effizienzsteigerung durch Schleifen im Hochgeschwindigkeitsbereich. Dabei legte er den Fokus auf das Schleifen von Hartmetall mit deutlich erhöhten Schnittgeschwindigkeiten und auf die Auslegung von Hochleistungs-Innenrundschleifprozessen durch Simulationen

Prof. Thomas von Unwerth von der TECHNISCHEN UNIVERSITÄT CHEMNITZ stellte in einem Exkurs dar, welche Rolle Wasserstoff in der Zukunft als Energieträger einnehmen wird und welche Potenziale zu einer nachhaltigeren Wirtschaft durch ihn erschlossen werden können. Dr. Sandra Detzer MdB, Bundestagsabgeordnete für DIE GRÜNEN sowie Mitglied im FINANZ- UND WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS DES DEUTSCHEN BUNDESTAGS hielt den Keynote-Vortrag der Veranstaltung und präsentierte eine politische Perspektive auf die Herausforderung einer profitablen und gleichzeitig klimaneutralen Produktion am Standort Deutschland. Dabei nahm sie Bezug auf den Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung, der wenige Stunden zuvor veröffentlicht wurde. Mit Tagungsleiter Dr. Dirk Friedrich diskutierte sie, wie IngenieurInnen und PolitikerInnen gemeinsam zur Erreichung der gesetzten Klimaziele beitragen können.

Dr. Sandra Detzer, MdB (Bundestagsabgeordnete für DIE GRÜNEN sowie Mitglied im FINANZ- UND WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS DES DEUTSCHEN BUNDESTAGS) und Dr. Dirk Friedrich während des Keynote-Vortrags

Dr. Tobias Röthlingshöfer (EMAG MASCHINENFABRIK GMBH) ging in seinem Fachvortrag auf die Veränderung des Mobilitätssektors hin zu mehr elektrischen Antrieben ein. Er stellte Anforderungen vor, die sich daraus für die Produktionstechnologie ergeben und präsentierte schleiftechnische Lösungen. Karsten Otto (TSCHUDIN AG) zeigte maschinentechnische Möglichkeiten zur Mehrfachproduktion beim spitzenlosen Einstechschleifen auf. Randbedingungen der Leistungsfähigkeit der adressierten Prozesse stellte er systematisch dar und lieferte den Teilnehmenden praktische Handlungsempfehlungen, um die Effizienz der Produktion zu maximieren.

Dr. Dirk Friedrich und Dr. Tobias Röthlingshöfer (EMAG MASCHINENFABRIK GMBH) beim Vortrag „Schleifen von Rotorwellen für die E-Mobilität)

Dr. Benjamin Bergmann (INSTITUT FÜR FERTIGUNGSTECHNIK UND WERKZEUGMASCHINEN IFW DER UNIVER-SITÄT HANNOVER) trug vor, wie ein Verständnis des Schleifscheibenherstellungsprozesses mit digitalen Methoden geschaffen werden kann und welchen Mehrwert die wissensbasierte Schleifwerkzeugauslegung daher bietet. Möglichkeiten zur Energieeinsparung bei gleichzeitiger Erfüllung aller Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit der Produktion von keramischen Schleifscheibenbindungen präsentierten Joachim Friedhofen und Marco Labitzke (REIMBOLD UND STRICK GMBH).

Der Fachvortrag von Wadim Karassik (SAINT-GOBAIN ABRASIVES GMBH) beschäftigte sich mit der Integration von Nachhaltigkeitsanforderungen in die Innovationsentwicklung bei Schleiflösungen. Den Einfluss der Kühlschmierstoffzufuhrbedingungen auf die Umweltverträglichkeit und die Leistungsfähigkeit eines Schleifprozesses betrachtete Prof. Bernhard Karpuschewski (LEIBNITZ-INSTITUT FÜR WERKSTOFFORIENTIERTE TECHNOLOGIEN DER UNIVERSITÄT BREMEN) in seinem Vortrag aus wissenschaftlicher Perspektive.

Roman Stiller (QUAKER HOUGHTON) legte den Fokus auf Möglichkeiten, die Nachhaltigkeit von Schleifprozessen durch die Optimierung der Schleifflüssigkeiten zu steigern. Er stellte esterbasierte Bearbeitungsöle aus erneuerbaren Rohstoffen und klassische Mineralöle aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht gegenüber. Aus den steigenden Anforderungen an die Kühlschmierstofftechnologie resultieren gleichzeitig steigende Anforderungen an die Filtrationsgüte des Kühlschmierstoffs. Zu diesem Thema referierte Darius Pechta (TURBO-SEPARATOR AG) am Beispiel der Glas-/Keramikbearbeitung.

Potenziale, aus der KSS-Aufbereitung gewonnene Maschinendaten zur Prozessüberwachung und Prozessoptimierung zu nutzen, präsentierte Florian Schomaker (KNOLL MASCHINENBAU GMBH). Dabei stellte er in den Mittelpunkt, wie Peripheriegeräte zur Unterstützung der Maschinenbedienenden digital angebunden und genutzt werden können. Im letzten Vortrag der Tagung stellte Prof. Thomas Bergs vom gastgebenden WERKZEUGMASCHINENLABOR WZL DER RWTH AACHEN UNIVERSITY Forschungsergebnisse zur funktionsoptimierten Schleifbearbeitung von Antriebskomponenten vor. Er präsentierte die Potenziale einer digital vernetzten Produktion zur systematischen Bewertung des bauteilbezogenen Energie- und Ressourcenverbrauchs. Weiter zeigte er, wie die Kenntnis der Korrelation von Bauteileigenschaften und Funktionsverhalten in Verbindung mit den bauteilspezifischen Energieverbräuchen eine ganzheitliche ökologische und wirtschaftliche Bewertung von Technologieketten über alle Bauteillebensphasen hinweg ermöglicht.

Podiumsdiskussion sowie Industrie- und Postersession boten viel Gesprächsstoff

Ergänzt wurde das Fachvortragsprogramm der Schleiftagung um eine Podiumsdiskussion, in der Tagungsleiter Dr. Dirk Friedrich mit dem Fachbeirat der Tagung auf Fragestellungen einging, die die schleiftechnische Branche tagesaktuell und in Zukunft betreffen. Zugleich bot die Podiumsdiskussion den Rahmen für die Verabschiedung des langjährigen Fachbeiratsmitglieds Roland Schmitz (EMAG MASCHINENFABRIK GMBH) in den verdienten baldigen Ruhestand. Seine Nachfolge als Beiratsmitglied wird Dr. Tobias Röthlingshöfer antreten, der sich den Teilnehmenden bereits mit einem Fachvortrag vorstellte.

Die virtuelle Industrieausstellung einschließlich der Möglichkeit, alle Teilnehmenden der Schleiftagung in einem Pitch im Hauptstream anzusprechen, bot acht Unternehmen und Vereinigungen die Möglichkeit, auf ihre Expertise aufmerksam zu machen. In einer Postersession präsentierten vier Hochschulen aktuelle Forschungsergebnisse.

Der Fachbeirat der Schleiftagung sowie Tagungsleiter Dr. Dirk Friedrich und Jannik Röttger vom Organisationsteam der Schleiftagung am WERKZEUGMASCHINENLABOR WZL DER RWTH AACHEN UNIVERSITY während der Podiumsdiskussion

Netzwerkplattform der schleiftechnischen Community

Zur Vertiefung der in den verschiedenen Sessions angeregten Impulse und zur Vernetzung der Teil-nehmenden wurden in zahlreichen Kaffeepausen fachliche Diskussionen in virtuellen Diskussionsforen geführt. Damit präsentierte die Schleiftagung sich auch im digitalen Format erneut als zentrale Schnittstelle zwischen der Forschung und der Industrie in der Schleiftechnik. Auch für das persönliche Gespräch, das pandemiebedingt auf der Schleiftagung 2022 nicht möglich war, wird in naher Zukunft gesorgt sein: Im Vorfeld der Schleiftagung unterzeichneten der Geschäftsführer des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken VDW, Dr. Wilfried Schäfer, und Dr. Sebastian Barth, Oberingenieur und Abteilungsleiter am WERKZEUGMASCHINENLABOR WZL DER RWTH AACHEN UNIVERSITY sowie Organisator der Schleiftagung, ein Memorandum of Understanding zur gegenseitigen Unterstützung der beiden Veranstaltungen. Auf der GrindingHub-Messe vom 17. bis 20. Mai 2022 wird infolgedessen ein Community-Treffen der Schleiftagung stattfinden. Alle Teilnehmenden der Schleiftagung erhalten eine kostenlose Eintrittskarte.

In seinem Schlusswort dankte Prof. Thomas Bergs vom gastgebenden WERKZEUGMASCHINENLABOR WZL DER RWTH AACHEN UNIVERSITY den an der Organisation und Durchführung der Schleiftagung Beteiligten. Tagungsleiter Dr. Dirk Friedrich wies darauf hin, dass die Schleiftagung im nächsten Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum feiern wird. An welchem Termin die Schleiftagung 2023 stattfinden wird, werde sobald wie möglich bekannt gegeben. Sicher ist, dass das WERKZEUGMASCHINENLABOR WZL DER RWTH AACHEN UNIVERSITY sie – nach der sehr positiven Resonanz zur diesjährigen Tagung – erneut ausrichten wird und dass der Austausch zwischen Industrie, Politik und Wissenschaft fortgeführt wird.

Wissenschaftliche Expertise auf der Schleiftagung 2022: Prof. Thomas von Unwerth, Dr. Benjamin Bergmann, Prof. Thomas Bergs, Prof. Dirk Biermann, Prof. Bernhard Karpuschewski, Prof. Eckart Uhlmann